Über die Regulation der Calcium-Homöostase und den Einfluss von STIM-Proteinen auf die Alzheimer-Pathologie
2022
Online
Hochschulschrift
Weltweit erkrankt alle drei Sekunden ein Mensch an einer Demenzerkrankung. Morbus Alzheimer bildet hierbei in 50 bis 60 % der Fälle die Ursache und stellt somit die häufigste Demenzform dar. Makropathologisch ist die Krankheit durch eine gleichmäßige Hirnrindenatrophie mit Erweiterungen der Liquorräume gekennzeichnet. Das histopathologische Korrelat liegt in einer massiven Neuronendegeneration mit extrazellulären Ablagerungen von Aβ – Plaques und intrazellulären hyperphosphorylierten neurofibrillären Tau – Bündeln. Aβ entsteht im Zuge einer amyloidogenen APP – Prozessierung durch sequenzielle Schnitte der β – und γ – Sekretasen. Presenilin – Proteine stellen dabei das katalytische Zentrum der γ – Sekretase dar. Neben einem amyloidogenen APP – Prozessierungsweg wird durch den Schnitt der α – Sekretase der nicht – amyloidogene Weg eingeleitet. Das dabei anfallende sAPPα wird in den Extrazellulärraum freigesetzt und kann neuroprotektive Eigenschaften entfalten. Die Literatur berichtet von einer gestörten 2+ - Homöostase bei Morbus Alzheimer. Sowohl APP als auch Aβ, sAPPα und Preseniline greifen in die Regulation des 2+ - Haushaltes ein. Um die intrazelluläre 2+ - Konzentration ( [2+]) zu regulieren, sind viele Mechanismen erforderlich, die den 2+ - Transport über die Plasmamembran sowie zwischen dem Zytosol und den intrazellulären Zellkompartimenten ermöglichen. Dazu gehören u.a. die spannungsgesteuerten (VGCC) und die speichergesteuerten 2+ - Kanäle (CRAC), die den SOCE (engl. store operated 2+ - entry) aktivieren. Im Rahmen dieser Arbeit wurde folglich der Einfluss von APP, seinen Prozessierungsprodukten und von Presenilin – Proteinen auf CavB, CavD und CavG als Vertreter der VGCC – Familie sowie auf ORAI1, ORAI2, ORAI3, STIM1, STIM2, STIM2.1 und STIM2.2 als SOCE – Komponenten untersucht. Anschließend erfolgte die Analyse der reversen Regulation von den α -, β – und γ – Sekretasen durch STIM1 und STIM2. Schließlich wurden humane post mortem Hirnproben der Analyse der Genexpression von CavB, CavD, ORAI1, ORAI2, ORAI3, STIM1 und STIM2 unterzogen. Zunächst wurde der Einfluss von Presenilin - Proteinen auf das intrazelluläre 2+ - Signal in unterschiedlichen murinen und humanen Zelllinien untersucht. Während in Bezug auf Presenilin 1 keine eindeutige Aussage bzgl. der Regulation von SOCE gemacht werden konnte, schienen die Ergebnisse in Bezug auf Presenilin 2 für einen SOCE – aktivierenden Einfluss zu sprechen. Die Untersuchungen der [2+] konnten keinen Einfluss von Presenilin1 auf die Aktivität von SOCE aufzeigen, jedoch sprachen die signifikanten Veränderungen der Genexpression von STIM – und ORAI – Proteinen in Presenilin1 – und Presenilin1/2 – defizienten Zellen für einen modulierenden Einfluss von Presenilin1 auf der Genebene. Presenilin2 scheint SOCE über eine forcierte Speicherentleerung des endoplasmatischen Retikulums potenzieren zu können. In der Literatur häufen sich die Belege für einen SOCE – hemmenden Einfluss von Presenilin2. Hierbei übt am ehesten Presenilin1 einen ihhibierenden Einfluss auf die Funktion von Presenilin2 aus, weswegen die gestörte Speicherentleerung des endoplasmatischen Retikulums zu seiner 2+ -Überladung führt und folglich der SOCE beeinträchtigt werden kann. Im Rahmen dieser Arbeit konnte ein SOCE – hemmender Einfluss sowohl auf der Gen – als auch auf der Aktivitätsebene durch AICD/AL2ICD nachgewiesen werden. AICD/AL2ICD sind hingegen Spaltprodukte, die im Zuge der APP – Prozessierung durch die γ – Sekretase anfallen. Demnach scheint Presenilin1 und/oder Presenilin2 zum einen direkt über die Regulation der Speicher des endoplasmatischen Retikulums und zum anderen indirekt über die Produktion von genregulatorischen AICD/AL2ICD den SOCE zu modulieren. Des Weiteren wurde in dieser Arbeit ein Hinweis auf den SERCA – fördernden Einfluss von AICD/AL2ICD entdeckt. Die Literatur berichtet von einer Aktivierung der SERCA – Pumpe durch Presenilin1 und Presenilin2 im Zuge einer direkten Interaktion. In dieser Arbeit lagen Hinweise auf eine zusätzliche indirekte Aktivierung der SERCA über die Bildung von AICD/AL2ICD vor. Somit scheint AICD/AL2ICD einen wichtigen Regulator der 2+ - Homöostase darzustellen. AICD/AL2ICD schützt demnach vor einer 2+ - Überladung der Zelle, indem sie den 2+ - Influx aus dem Extrazellularraum durch die Hemmung von SOCE kontrolliert und über die Aktivierung der SERCA – Pumpe 2+ - Ionen in die intrazellulären Speicher bringt. Beides führt zu einer Senkung der [2+] . Im Rahmen dieser Arbeit konnte außerdem nachgewiesen werden, dass STIM – Proteine direkt, 2+ - unabhängig und indirekt über die Regulation der [2+] die Funktion der α – Sekretase sowohl auf der Protein - als auch auf der Aktivitätsebene steigern, wohingegen die Funktion der γ – Sekretase auf der Gen -, Protein – und Aktivitätsebene herunterreguliert wird. Demnach übt STIM1 und STIM2.2 einen inhibierenden Einfluss auf die γ – Sekretase aus, wohingegen STIM2 diese fördert. Bezüglich der Funktion der β – Sekretase lagen nur indirekte Hinweise auf einen hemmenden Einfluss von STIM vor. Die Untersuchung der Genexpression von CavD wies auf eine mögliche Regulation sowohl durch Aβ als auch durch AICD hin. Während APP – defiziente Zellen, die folglich weder Aβ noch AICD exprimieren, sowie Zellen mit herunterreguliertem Fe65, einem Translokationspartner von AICD, eine Reduktion der Genexpression gezeigt haben, wiesen Zellen mit einer überschießenden Aβ – Produktion ebenfalls eine Reduktion der Genexpression auf. Presenilin1 – defiziente Zellen konnten keinen Unterschied verglichen zur Kontrolle zeigen. Somit scheint AICD die Genexpression von CavD zu fördern, wohingegen Aβ diese hemmt. Die Genexpression von CavB wird am ehesten durch Aβ reguliert, wobei es die Genexpression von CavB inhibiert. Im Fall von CavG bewirkt AICD ebenfalls am ehesten eine Reduktion der Genexpression. Zusätzlich wurde in humanen post mortem Hirnproben untersucht, inwiefern die Genexpression von den oben angeführten ORAI -, STIM – und VGCC – Proteinen in AD verändert ist. Gegenüber der Kontrollkohorte konnte eine signifikante Steigerung aller Gene nachgewiesen werden. Die Genexpression von CavB, CavD, ORAI1, ORAI3, STIM1 und vermutlich STIM2 erfährt mit steigendem Alter bei Vorliegen von AD eine Reduktion, wobei CavD unabhängig von AD mit dem Alter negativ korreliert. Außerdem konnte für CavB, ORAI1, ORAI3 und STIM1 eine positive Korrelation zwischen dem Braak – Stadium I und den Stadien V- VI ermittelt werden, wohingegen STIM2 nur zwischen den Stadien I und VI positiv korrelierte. In Bezug auf die Allelkonstellation von ApoE ergaben die Untersuchungen der Genexpression eine Steigerung der Gene CavB, CavD und ORAI1 bei zusätzlichem ε4 – Allel, wohingegen die Genexpression von CavD bei zusätzlichem ε3 – Allel abnahm. Es lagen keine Hinweise auf einen Zusammenhang mit dem Geschlecht vor.
Titel: |
Über die Regulation der Calcium-Homöostase und den Einfluss von STIM-Proteinen auf die Alzheimer-Pathologie
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Autor/in / Beteiligte Person: | Streidenberger, Olga |
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Veröffentlichung: | 2022 |
Medientyp: | Hochschulschrift |
DOI: | 10.22028/D291-36846 |
Sonstiges: |
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