Kaffeekultur in Deutschland ist vielfältig. Es gibt mehr zu entdecken als das Standardangebot einiger Großunternehmen, denn Deutschland ist auch ein Land kleiner Spezialitätenröstereien. Interaktive Karten zeigen nicht nur die Rohkaffee-Einfuhren im europäischen Vergleich, sondern auch die deutschlandweite Röstlandschaft mit ihren führenden Betrieben. Zudem werden die weltweiten Röstkaffeeausfuhren aus Deutschland visualisiert.

Vom Luxusgetränk zum Grundnahrungsmittel
Noch in den 1950er Jahren war Kaffee in Deutschland ein Luxusgetränk. In vielen Familien gab es nur sonntags echten Bohnenkaffee. Der Einzelhandel verkaufte die bräunlichen Bohnen oft noch lose. In den Sechzigerjahren nahm der Kaffeekonsum in der Bundesrepublik stark zu und wurde ein Symbol des Wirtschaftswunders. Kaffee wandelte sich zum Massen- und Markenprodukt. Vor allem nach der Aufhebung der Preisbindung für Kaffee (1973) kam es zu einem Konzentrationsprozess bei den Kaffeeröstern. Wenige Großanbieter dominierten von nun an den Markt (Sigmund 2015, S.207). In der DDR gab es in den Sechzigerjahren insgesamt 23 Betriebe, die „Röstkaffee für ein einheitliches und auf das Wesentliche begrenztes Sortiment nach streng typisierten Richtlinien“ (Sigmund 2015, S.166) herstellten und zwar unter der Aufsicht des VEB Kaffee- und Nährmittelwerkes Halle/Saale.

Eine Spezialität
In den letzten Jahrzehnten hat sich eine neue Genusskultur herausgebildet. Kaffeetrinken soll mehr sein als der schnelle Verzehr eines industriell gefertigten Massenprodukts. Einhergehen damit oft ein verstärktes Qualitätsbewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten sowie ein Interesse an sozialen und ökologischen Aspekten der Kaffeeerzeugung (Stichworte: Fair Trade und Bio). Der Trend zu bewussterem Kaffeegenuss begünstigte eine Renaissance relativ kleiner Spezialitätenröstereien, deren Kaffee nicht nur vor Ort angeboten wird, sondern zunehmend auch als regionales Produkt im Einzelhandel auftaucht.

Während Großröstereien jährlich zehntausende Tonnen Kaffee verarbeiten, produzieren viele kleine Betriebe oft nur wenige Tonnen. Großröstereien haben Marktvorteile durch günstige Preise und können eine gleichbleibende Produktqualität gewährleisten. Kleinere Betriebe, die Bohnen in kleinen Chargen rösten, bringen dagegen oft die speziellen Geschmacksnuancen regionaler Kaffeevielfalt zur Geltung. Hier arbeitet man weniger mit Kaffeemischungen, als dass Single Origin-Kaffees verwendet werden, also Bohnen aus dem gleichen Anbaugebiet.

Rohkaffee-Einfuhr und -Ausfuhr
Der Kaffeeimport nach Europa wird zu etwa 95 Prozent in Containern per Schiff abgewickelt (GDV 2024). Zuvor wird der Rohkaffee in den Erzeugerländern großenteils in Säcken aus gewebten Naturmaterialien wie Jute oder Sisal verpackt. Das Nettogewicht pro Sack beträgt in der Regel 60 Kilogramm. Deutschland importiert heute Rohkaffee aus über 50 Erzeugerländern. Die wichtigsten Lieferanten sind Brasilien, Vietnam, Honduras, Peru und Äthiopien (Grafik 1). Nach den USA ist Deutschland der weltweit größte Importeur der grünen Kaffeebohnen und somit Spitzenreiter in Europa (Karte 1). Nach Angaben des Statistischen Amtes der Europäischen Union wurden im Jahr 2022 rund 1,08 Millionen Tonnen Rohkaffee nach Deutschland verschifft (ECF 2023). Das entspricht 18.060.000 Kaffeesäcken a 60 Kilogramm. Italien und Belgien folgen mit 10.835.000 beziehungsweise 6.302.000 Sack. Die hohe belgische Importmenge lässt sich auf Antwerpen zurückführen, einen der wichtigsten Kaffeehäfen und Umschlagplätze für Rohkaffee in Europa. Die ebenfalls hohe pro Kopf Importmenge der Schweiz resultiert hingegen daraus, dass ein großer Teil der Bohnen die Schweiz als Röstkaffe (ganze Bohne, Filterkaffee/gemahlen, Pads, Kapseln, löslicher Kaffee) wieder verlässt.

Auch die nach Deutschland gelieferte Rohware ist nicht vollständig für den Endverbrauch im Inland bestimmt: Etwa 30 Prozent des Rohkaffees wird in andere europäische und außereuropäische Länder exportiert (Destatis 2024a; Tchibo & Liedtke 2023). Ein erheblicher Teil des ausgeführten Rohkaffees – im Jahr 2022 waren es 60 Prozent – wird zuvor entkoffeiniert (Destatis 2024a). Der Weltmarktführer für die Entkoffeinierung von Kaffee – die Coffein Compagnie – hat seinen Sitz in Bremen.

Die großen Kaffeeröstereien
Den in Deutschland verbleibenden Rohkaffee, jährlich etwa 750.000 bis 850.000 Tonnen (Grafik 1), verarbeiten und veredeln einheimische Betriebe. Beim Rösten entstehen aus dem grünen Rohkaffee die vertrauten braunen Bohnen, und es bilden sich die kaffeetypischen Geschmacks- und Aromastoffe. Je nach Dauer und Temperatur des Röstvorgangs (Röstprofil) können die Bohnen unterschiedliche Geschmacksprofile ausbilden (Huschke 2007, S.4). Verbunden ist mit dem Röstprozess ein Gewichtsverlust der Rohware von etwa 10 bis 20 Prozent.

Der Löwenanteil des Kaffees wird in den Röstereien der marktführenden Großunternehmen verarbeitet. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes produzierten 2022 insgesamt 41 Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten rund 532.207 Tonnen Röstkaffee, ein Jahr zuvor waren es 560.982 Tonnen (Grafik 1). Beispielsweise röstet allein die Firma Dallmayr nach eigenen Angaben jährlich über 80.000 Tonnen Kaffee in ihren Röstereien in Berlin, Braunschweig, Bremen und Dortmund (Dallmayr 2024). Karte 2 zeigt große Unternehmen mit ihren Kaffeeröstereien und Marken. Aus den führenden Betrieben stammt der meiste Kaffee, der sich in unseren Supermarktregalen findet oder in der Hotellerie und Gastronomie sowie in Automaten angeboten wird. Die Konzentration von Großröstereien in Hamburg (Tchibo, J. J. Darboven, Deutsche Extrakt Kaffee) und Bremen (Jacobs Douwe Egberts, Melitta, Azul) lässt sich mit der langen Tradition des Kaffeehandels in den beiden großen deutschen Kaffeehäfen erklären. Auch in Berlin befinden sich mehrere Großröstereien (Deutsche Extrakt Kaffee, Jacobs Douwe Egberts, Gebr. Westhoff, Alois Dallmayr). Sie entstanden noch während der deutschen Teilung. Im Rahmen der Berlinförderung wurden damals in West-Berlin Industrieansiedlungen mit Steuervergünstigungen und Investitionszulagen unterstützt. In Magdeburg befindet sich mit Röstfein die einzige DDR-Kaffeerösterei, die heute noch Kaffee produziert.

Röstkaffee-Ausfuhr
Italien und Deutschland sind die weltweit größten Exporteure von Röstkaffee. Im Jahr 2022 lag Deutschland mit einer Ausfuhrmenge von 255.000 Tonnen vorn. Deutscher Röstkaffee wird in viele Länder geliefert – rund 90 Prozent gehen in die Länder der Europäischen Union (Karte 3). Die wichtigsten Abnehmer sind die Nachbarländer: 2022 gingen nach Polen 38.495 Tonnen Röstkaffee (15,7 Prozent des Exports), in die Niederlande 25.912 Tonnen (10,5 Prozent), nach Frankreich 22.360 Tonnen (9,1 Prozent) und nach Österreich 21.143 Tonnen (8,6 Prozent) (Destatis 2024a).

Die Röstlandschaft
Aktuell gibt es in Deutschland mehr als 1500 Kaffeeröster (Zoll 2023). Karte 4 zeigt die Röstlandschaft in ihrer ganzen Breite von etwa 250 sehr kleinen Herstellungsbetrieben, die relativ geringe Mengen Kaffee rösten, bis hin zu den Großröstereien, die in der Karte 2 dargestellt sind. Eine Häufung von Röstereien lässt sich in den großen Städten feststellen: In Berlin gibt es 61, in Hamburg 41 und in München 25. In Großstädten treten Kaffeeröstereien häufig in Verbindung mit inhabergeführten Cafés auf (Stolz 2021). Hier können die lokalen Kaffeespezialitäten gekauft und vor Ort verkostet werden. Auch in kleineren Städten lässt sich dieser Trend bereits beobachten.

Karte 4 verdeutlicht, dass Kaffeeröstereien kein rein großstädtisches Phänomen sind. Setzt man die Röststandorte in Beziehung zur Bevölkerungszahl, dann unterscheidet sich die Röstereidichte in den siedlungsstrukturellen Verdichtungsräumen mit 1,9 Röstereien auf 100.000 Einwohner kaum von jener außerhalb der Verdichtungsräume (1,8 Röstereien auf 100.000 Einwohner). In Süddeutschland liegt die Dichte deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 1,8. So verbuchen Bayern 2,2 und Baden-Württemberg 2,0; auch in Sachsen ist der Wert mit fast 2,0 vergleichsweise hoch. Die höchste Röstereidichte aller Länder weist Mecklenburg-Vorpommern mit 2,7 auf – hier könnte der Tourismus eine Rolle spielen.

Deutschland – ein Land der Kaffeetrinker
Für die meisten von uns gehört Kaffee zum Alltag, ob als Muntermacher am Frühstückstisch, als kleine Pause bei der Arbeit oder unterwegs als Coffee to go. Kaffee ist das Lieblingsgetränk der Deutschen: Im Durchschnitt trinkt jeder rund 167 Liter Bohnenkaffee im Jahr (2022: BMEL 2024, S. 204) beziehungsweise fast vier Tassen pro Tag (Deutscher Kaffeeverband 2022), das ist deutlich mehr als Mineralwasser, Erfrischungsgetränke, Bier oder Tee (Grafik 2). Auch der deutsche Staat verdient gut am Kaffeedurst. Allein durch die Kaffeesteuer von 2,19 Euro je Kilogramm Röstkaffee und 4,78 Euro je Kilogramm löslichen Kaffee fließt jedes Jahr kontinuierlich mehr als eine Milliarde Euro in die Staatskasse: 2022 waren es 1.062.541.000 Euro (Destatis 2024c).

BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) (Hrsg.) (2024): Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 2023. Frankfurt a. M.

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Bildnachweis
Kaffeerösterei in Weimar © Volker Bode / Leibniz-Institut für Länderkunde

Zitierweise
Bode, Volker & Joachim Burdack (2024): Kaffeeröstereien in Deutschland. In: Nationalatlas aktuell 18 (05.2024) 3 [30.05.2024]. Leipzig: Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL). URL: https://aktuell.nationalatlas.de/kaffee-3_05-2024-0-html/

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Dipl.-Geogr. Volker Bode
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Prof. Dr. Joachim Burdack
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